50 Jahre FWG: Als Alternative zur CDU gestartet – seitdem erfolgreich zweitstärkste Kraft im Rat

Die Freie Wählergemeinschaft – FWG – Rietberg feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen und ist damit die älteste aller freien und unabhängigen Wählerorganisationen im Kreis Gütersloh. Im Jahre 1970 schickte sich die neu gegründete FWG an, das Bürgermeister-Dauerabo der CDU in Rietberg zu beenden. Die ersten Aktiven waren Konrad Löher, Eberhard Dreisewerd, Ferdinand Stükerjürgen, Wilhelm Ridder, Franz-Josef Kriener und Hugo Tönnesmann.

Um die Gründung der Freien Wähler in Rietberg rankt sich die ein oder andere Legende. So wird gemunkelt, dass ein ganz bestimmter Satz eines honorigen Rietberger Bürgers Konrad Löher und seine Mitstreiter auf den Plan brachten, eine Freie Wählergemeinschaft für Rietberg zu gründen und damit auch eine echte Alternative zur CDU zu schaffen. Besagter Bürger behauptete nämlich, dass man in Rietberg auch einen Besenstiel zur Kommunalwahl aufstellen könne – wenn nur der passende Parteiname dranstünde, würde auch der gewählt. Das wollten einige politisch sehr aufgeschlossene „junge Wilde“, die mit der politischen Couleur der bis dahin in Rietberg etablierten Parteien nicht einverstanden waren, so nicht stehenlassen. Auch waren es einige durchaus umstrittene politische Entscheidungen, die die Kerntruppe auf den Plan brachte, den Rietbergern eine nur im lokalen Bereich agierende Wählerorganisation zu präsentieren, die sich nicht an die Vorgaben einer Bundes- oder Landespartei halten muss. So wurde die Freie Wählergemeinschaft Rietberg aus der Taufe gehoben. Und die „jungen Wilden“ strichen bei der Kommunalwahl vor fünfzig Jahren einen beachtlichen Erfolg ein.

Wahlplakat der Freien Wähler Gemeinschaft (FWG) Rietberg von 1970

Auf Anhieb gelang nämlich ein überraschend eindrucksvoller Start mit einem Wahlergebnis, welches der Wählergemeinschaft zehn von 33 Ratssitzen bescherte. Das war ein Super-Resulat und in der CDU-Hochburg Rietberg kam der Erfolg der Freien Wähler einem politischen Erdbeben gleich. Die damals Aktiven verstanden es, mit Themen, die die Bürger bewegten, zu überzeugen. Durch ihr konsensorientiertes und ortsnahes Arbeiten konnte die in den nun zurückliegenden 50 Jahren durchgehend die zweitstärkste Kraft im Rietberger Rat darstellen. Der Slogan auf dem ersten Wahlprospekt lautete „Rietberg soll leben, Rietberg soll blühen, Rietberg soll wachsen!“ Neun Jahre später, im September 1979, wurde Ton und Bildsprache des Wahlprospekts bereits um einiges deutlicher: Mit einer Karikatur zeigten die Freien Wähler, was sie von der Politik im Rathaus hielten. „Brüderchen kommt und tanzt mit mir… – nicht auf unseren Köpfen“ titelte die FWG und appellierte, dass Entscheidungen vom Bürger ausgehen müssten und nicht allein vom Verwaltungschef und einer Mehrheitspartei. Damals plädierten die Freien Wähler z.B. für ein Drufeler Bürgerhaus, den Ausbau von Radwegen, die Verbesserung von Wirtschaftswegen oder einer Verkehrsberuhigung in den Ortsteilen Rietberg und Neuenkirchen – Themen, die auch heute noch aktuell sind. Im Laufe der Jahrzehnte waren aber auch Themen dabei, die sich nicht realisieren ließen, wie beispielsweise der Bau einer Rollschuhbahn, die im Winter als Eisbahn genutzt werden kann, der Erhalt der Südtor-Grundschule bzw. die spätere Verhinderung des Baus eines Einkaufsmarktes auf dem Gelände am Südtor.

zum Tanz bat die FWG 1979 mit diesem Plakat und den nachfolgenden Kandidaten
Kandidaten der Wahlbezirke zur Wahl 1979

In den verschiedenen Wahlperioden fielen die Ergebnisse mal besser, aber auch teilweise schlechter aus. 1975 stellten die Freien Wähler acht Ratsvertreter; 1979 waren es elf Personen, die einen Ratssitz bekamen; 1984 waren es neun. Derzeit sind 15 Sitze im Rat durch die FWG besetzt. Bei der letzten Kommunalwahl im Jahr 2014 fiel durch den Stimmenzugewinn der Freien Wähler erstmals auch die absolute Mehrheit der CDU, die bis zu diesem Zeitpunkt stets eine absolute Mehrheit für sich verbuchen konnte. Ein weiterer Meilenstein für die FWG stellt die Wahl von Bürgermeister Andreas Sunder im Jahr 2012 dar: Mit ihm regiert erstmals in Rietberg ein Stadtoberhaupt, das nicht aus den Reihen der CDU, sondern von der FWG kommt. Sunder konnte im letzten Jahr das Bürgermeisteramt erfolgreich wieder für sich entscheiden.

Wahlplakat aus dem Jahr 1989
Wahlplakat aus dem Jahr 2009

Vorsitzende waren in den vergangenen 50 Jahren: Konrad Löher, Andreas Sunder , Dr. Ute Buchheim und seit diesem Jahr Doris Heßbrüggen-Eisermann. Eingetreten für die FWG-Ideale sind natürlich auch die Fraktionsvorsitzenden seit 1998 Konrad Löher, dann bis 2020 Jürgen Don und bis heute Josef Beermann. Die FWG kann nach 50 Jahren politischer Verantwortung ihr Leitmotiv, kommunal orientiert und glaubwürdig authentisch zu sein, mit Stolz behaupten.

Die geplante Feier, die am 15.08.2020 besonders das Ehrenamt in Rietberg und seinen Ortsteilen hervorheben wollte, ist leider wegen Covid 19 nicht durchführbar.