Dilemma Westumgehung? – Neuenkirchen kann nur entlastet werden, wenn der erste Bauabschnitt kommt.

Info-Abend der Freien Wählergemeinschaft: Bürger fragen bei Stadtverwaltung genau nach

Neuenkirchen. Auf Initiative der Freien Wählergemeinschaft – FWG – Rietberg fand kürzlich eine Informationsveranstaltung zum Thema Westumgehung statt. Rund 50 Bürgerinnen und Bürger, darunter auch Vertreter verschiedener im Rat der Stadt Rietberg vertretenen Parteien, waren der offenen Einladung ins Neuenkirchener Kolpinghaus gefolgt. Sie alle erhielten Informationen quasi aus erster Hand, denn Bürgermeister Andreas Sunder gab zu dem geplanten Vorhaben ebenso ausführlich Auskunft wie auch der Leiter des Fachbereichs Bauen bei der Stadt Rietberg Matthias Setter.

Die Thematik „L 782n Ortsumgehung – Lückenschluss oder nicht?“ wird bereits seit Jahrzehnten in Rietberg diskutiert. Das zuständige Land NRW ist allerdings in all den Jahrzehnten nie in die Realisierungsphase gegangen. Inzwischen gibt es eine Verwaltungsvereinbarung der Stadt Rietberg mit dem Land. Und damit ist die Erstellung des ersten Teilstücks in realisierbare Nähe gerückt. So wird die Stadt Rietberg die Planung, Ausschreibung, Vergabe, Bauüberwachung, Vertragsabwicklung und auch die Abrechnung der Maßnahme stellvertretend für das Land übernehmen. – Doch noch mindestens zwei Jahre Planung, so Bürgermeister Sunder, müsse man für ein solches Vorhaben einräumen – zumal auch noch nicht alle geeigneten Flächen im Besitz der Stadt sind und es noch umfangreiche Prüfungen geben wird, ob so ein Straßenbau in verschiedenen Belangen auch verträglich ist.

Genau gesagt geht es bei der Planung der Westumgehung aktuell um eine Strecke von rund 2,2 Kilometern: Die Straße soll zwischen Rottwiese und Konrad-Adenauer- Straße in Rietberg in einem ersten Bauabschnitt verlaufen. Ob es zu diesem offiziellen Startschuss der Westumgehung kommen wird, müssen die Kommunalpolitiker in der für Juni geplanten Ratssitzung abstimmen. Die gesamte Westumgehung indes soll noch viel länger werden und in noch zu planenden Bauabschnitten großzügig um Neuenkirchen bis zur Gütersloher Straße führen.

Einige der im Kolpinghaus anwesenden Bürgerinnen und Bürger zeigten sich ob des Vorhabens eher skeptisch – allen voran Vertreter einer Bürgerinitiative, die bereits seit einigen Wochen Unterschriften für einen Bürgerentscheid sammeln. Die dafür erforderlichen rund 1.900 Unterschriften hat die Initiative noch nicht zusammen; es soll aber weitergesammelt werden. Die Vertreter der Bürgerinitiative machten z.B. auf Aspekte des Naturschutzes wie auch auf eine mögliche Verkehrswende aufmerksam. Sie wollen den Bau der Westumgehung verhindern.

Informationsveranstaltung im Kolpinghaus Neuenkirchen zum Thema „Entlastungsstrasse“ (Bild: R.Bonen)

Dass insbesondere die Neuenkirchener unter dem innerörtlichen Verkehr, der quer durchs Dorf führt, leiden, wurde in weiteren Wortbeiträgen erklärt. Doch der erste Bauabschnitt schafft für Neuenkirchen noch keine Verkehrsentlastung – das machten die städtischen Vertreter deutlich. Dies sei erst mit der Weiterführung der Westumgehung und den nächsten Bauabschnitten gegeben. Eine Verkehrsentlastung für die Rietberger Innenstadt, z.B. am Pulverdamm oder auf dem​ Torfweg und der Rathausstraße, stelle sich allerdings schon mit dem ersten Bauabschnitt ein. Wann der nächste, für Neuenkirchen so wichtige Bauabschnitt kommt, steht nicht fest. Dazu, so sagte Sunder deutlich, könne er keine verlässlichen Angaben machen. Wenn das Land allerdings den ersten Bauabschnitt mithilfe der Verwaltungsvereinbarung jetzt angehen wolle, dann sei auch mit einer Fortführung der Gesamtmaßnahme zu rechnen.

Fakt ist, dass es ohne den ersten Bauabschnitt keine weiteren Bauabschnitte geben wird. Das stellte Sunder bei der Info-Veranstaltung deutlich heraus. Und damit zeigen sich die grundsätzlichen Parameter: Wenn Neuenkirchen künftig irgendwann entlastet werden soll, muss der erste Bauabschnitt erfolgen, damit überhaupt weitere folgen können. Wer den Bauabschnitt z.B. aus Gründen des Naturraum- und Klimaschutzes ablehnt, der muss auch in Kauf nehmen, dass durch den Neuenkirchener Dorfkern weiter der PKW und LKW-Verkehr rollt. Sicherlich spielt bei dem Für und Wider auch eine Rolle, ob es künftig zu einer kompletten Verkehrswende mit weniger Autos, mehr ÖPNV und mehr Radverkehr im ländlichen Raum kommen wird. Die städtischen Vertreter und einige andere Anwesende sahen diese Wende – auch wenn künftig mehr E-Autos fahren werden – für den ländlichen Raum eher nicht. Andere wiederum bekundeten, dass eine Verkehrswende kommen müsse und der Bau einer Umgehung keine Option sei.

Bleibt also die spannende Frage, wie sich der Rat der Stadt Rietberg mehrheitlich in seiner Juni-Sitzung entscheiden wird oder ob es der Bürgerinitiative noch gelingt, genügend Unterschriften für einen Bürgerentscheid herbeizuführen.